Latentspeicher
Was ist ein Latentspeicher?
Mit „latente Wärme“ bezeichnet man die Energie, welche beim Phasenwechsel (=Änderung des Aggregatzustandes) eines Mediums von flüssig auf fest oder flüssig auf dampfförmig aufgenommen oder abgegeben wird.
Mit „fühlbare Wärme“ bezeichnet man die Energie, welche ohne Phasenwechsel (=ohne Änderung des Aggregatzustandes), also nur durch die Temperaturveränderung aufgenommen und abgegeben wird.
Es gibt zahlreiche Stoffe (z.B. Wasser/Eis, Wasser/Wasserdampf, Paraffin fest/flüssig, usw.), bei welchen die latente Wärme sehr viel mehr Energie beinhaltet als die fühlbare Wärme.
Diesen Unterschied kann man sich gezielt zu Nutzen machen und damit sehr viel mehr Energiemenge speichern als ohne Phasenwechsel, also ohne Latentwärme Nutzung.
z.B. beruht jede Gasbrennwertheizung physikalisch darauf, die Latentwärme des kondensierenden Wasserdampfes im Abgas zu nutzen.
Latentspeicher für thermische Solaranlagen
Thermische Solaranlagen haben grundsätzlich den Vorteil, kostenlose Sonnenwärme nutzbar zu machen.
Sie haben aber grundsätzlich den Nachteil, dass die Sonne nicht immer gerade dann scheint, wenn man diese Wärme braucht.
Wenn man also die Sonnenwärme der guten Sonnentage nur länger speichern könnte für die Tage mit schlechterem Wetter, würde der so genannte „Deckungsanteil“ also die Wirtschaftlichkeit der thermischen Solaranlage wesentlich verbessert.
Herkömmliche Wasserspeicher benötigen hierfür sehr große Wasserinhalte und dicke Isolierschichten, da die Temperatur des flüssigen Wasser ohne neue Sonnenengerie stetig abnimmt.
Unter einer gewissen Temperatur kann man dieses warme Wasser nicht mehr nutzen (z.B. beim Duschen <40°C, bei Heizkörperheizung ähnlich, nur bei Fußbodenheizung noch etwas niedriger).
Setzt man nun ein geeignetes Medium für Latentwärme Nutzung ein, d.h. nutzt man den Phasenwechsel von z.B. flüssig zu fest, kann man viel Energie bei lange gleichbleibend höherer Temperatur nutzen.
Geeignete Medien hierzu sind z.B. verschiedene Paraffine, z.B. ein bestimmtes Paraffin mit Phasenwechsel bei 60/62°C.
Damit lässt sich also eine größere Energiemenge bei annähernd gleichbleibender Temperatur von 60/62°C einspeichern und umgekehrt wieder ausspeichern, also nutzen.
Dies nennt sich dann Paraffin Latentspeicher System für Solaranlagen.
Wird dies nun mit einer sehr starken Hochleistungs Solarkollektoranlage kombiniert, welche an den guten Sonnentagen hohe Überschüsse bringt, kann man viel für die schlechteren Tage einspeichern. Damit lässt sich ein sehr gut isoliertes Niedrigenergie-Neubauhaus (mind. KfW40 oder besser) zu einem relativ hohen Anteil mit Sonnenenergie beheizen.
Kombiniert man dies dann noch mit einer intelligenten Regelungstechnik (z.B. witterungsgeführte Rücklauftemperaturregelung anstelle der herkömmlichen witterungsgeführten Vorlauftemperaturregelung, vgl. Kapitel „Regelungstechnik“) in thermodynamisch optimierter Bedienung, kann man die Deckungsrate noch weiter erhöhen, d.h. das Haus zu noch mehr Anteil mit Solarenergie beheizen.
Der Nachteil daran ist lediglich die anspruchsvolle Systemtechnik und der heute noch recht hohe Preis für diese Systeme.
Latentspeicher für Wärmepumpen
Eine Wärmepumpe befördert billige Abwärme oder kostenlose Umgebungswärme auf ein nutzbares Niveau.
Der Unterschied zu der vorgenannten „Latentwärmenutzung für Solaranlagen“ besteht grundsätzlich darin, dass eine Wärmepumpe einen Teil Antriebsenergie (heute in der Regel Strom) aufwenden muss, um einen wesentlich größeren Teil billiger oder kostenloser Umgebungswärme nutzbar zu machen.
Die Wärmepumpe verbraucht also mehr Betriebskosten als eine Solaranlage, bringt aber dafür auch viel mehr Nutzen und diesen Nutzen im Unterschied zur Solaranlage vor allem dann, wenn er tatsächlich gebraucht wird.
Ein Latentwärmespeicher einer Wärmepumpe muss daher nicht wie bei der Solaranlage 60/62°C haben, sondern kann mit viel niedrigerer Temperatur auskommen.
Dies führt dazu, dass Latentwärmespeicher für Wärmepumpen sehr viel größer und preisgünstiger sein können als Latentwärmespeicher für Solaranlagen, der Nutzwert insgesamt also bei geringeren Kosten wesentlich höher ausfällt.
Wir nutzen als Latentwärmespeicher für Wärmepumpen ganz normales Wasser z.B. in einem unterirdischen Behälter oder größer und kostengünstiger in einem unterirdischen Wasserteich (=Wasser-Schlamm-Gemisch).
Wasser hat viele außerordentlich gute Eigenschaften:
Der Phasenwechsel Wasser/Eis findet bei für eine Wärmepumpe sehr gut nutzbaren 0°C statt. Dabei ist sehr viel Latentenergie im Spiel, d.h. die Wärmepumpe kann diesem Latentspeicher sehr viel Wärme bei annähernd gleichbleibender Temperatur entziehen.
Wasser ist absolut natürlich und umweltneutral.
Wasser ist als Regenwasser praktisch kostenlos in nahezu beliebiger Menge verfügbar, womit diesen Latentspeicher sehr viel größer und kostengünstiger zu realisieren geht als z.B. ein Paraffin-Latentspeicher für eine Solaranlage.
Eine Erdwärmepumpe mit Latentspeicher setzt voraus, dass der Latentspeicher, in unserem Beispiel also das zu Eis gefrorene Wasser, im Laufe des Sommers wieder zu Wasser aufgetaut wird.
Dies erreicht man durch geeignete Mittel, Wärme zuzuführen:
- Entweder durch Kombination von Erdkollektor und Latentspeicher,
- durch Regenwasserversickerung,
- durch passive Nutzung der Sonnenenergie (z.B. PassiveKühlung des Gebäudes),
- durch aktive Nutzung der Sonnenenergie (=thermische Solaranlage)
- oder durch eine Kombination von diesen Möglichkeiten.
Dabei gibt es noch zusätzlich weitere Vorteile:
Eine Kombination Erdkollektor mit Erd-Latentspeicher verbessert die Wirtschaftlichkeit der Erdwärmepumpe nochmals deutlich, da diese Reihenschaltung zu einer Erhöhung der Wärmequellentemperatur führt, was die Leistungszahl der Wärmepumpe steigert.
Eine Regenwasserversickerung regeneriert sowohl den Erdkollektor als auch den darunter liegenden Latentspeicher.
Eine PassiveKühlung wird in Verbindung mit dem Latentspeicher im Sommer eine sehr viel stärkere und ergiebigere Kühlleistung bringen als ein herkömmlicher Erdkollektor.
Eine thermische Solaranlage macht bei 0°C Wärmeabgabe einen sehr hohen Wirkungsgrad, welchen sie z.B. bei Brauchwassererwärmung sonst niemals erreichen könnte.
Eine thermische Solaranlage kann mit so genannter „Boilervorrangsschaltung“ zuerst das Brauchwasser erwärmen und danach den Latentspeicher. Es kommt also zu wesentlich weniger Stillstand im Maximum, also Dampf im Solarkollektor, was die Lebensdauer der Solarkollektoranlage und der Solarflüssigkeit deutlich steigert.
Zur Vollständigkeit muss man aber sagen, dass man sich hier entweder für passive Sonnenenergienutzung (=PassiveKühlung) oder alternativ für aktive Sonnenenergienutzung (=thermische Solaranlage) entscheiden muss.
Wir sind der Meinung, dass die Zukunft der Beheizung von Neubauten ganz eindeutig der Erdwärmepumpe mit Latentspeicher gehört, wodurch teure Erdsondenanlagen auch bei kleinen Grundstücken in der Regel unnötig werden.
Man kann selbstverständlich auch den Latentspeicher kleiner (also z.B. als 500 Liter Wasser/Eis-Speicher im Haus) und die thermische Solaranlage stärker ausführen. So propagieren dies manche Solaranlagenhersteller (um deren Solarkollektoren zu verkaufen).
Aber dann hätte man das sehr große Potenzial eines großen unterirdischen Wasser-Latentspeichers (z.B. 30.000 oder 40.000 Liter Volumen Wasser-Schlamm-Gemisch) nicht genutzt.
Latentspeicher für Industrieanwendungen
Viele Industriebetriebe benötigen einerseits Wärme und andererseits Kälte.
Wenn dies gleichzeitig benötigt wird, installieren wir eine Kälte-Wärme-Kopplung, vgl. Kapitel „Wärmerückgewinnung für Industrie„.
Wenn dies nicht gleichzeitig benötigt wird, man also z.B. die Kälte für spätere Anwendungen speichern möchte, installieren wir Latentspeichersysteme.
Diese können je nach Größe oberirdisch oder auch unterirdisch, offen oder geschlossen, ausgeführt werden.